Bottle⛈️Rain
Tour Demenz – Berlin

Tour Demenz – Berlin

Wolken sind Gedanken

Ingrid war nicht nur geschichtlich, sondern auch unglaublich gedichtlich. 

Sie holte jeden Tag irgendetwas aus der Schublade und sang und reimte drauf los. 

Ihr Kopf war ein Bücherschrank. 

Vollgepackt mit Geschichten und Ordnern. Ihre Gedichte sprudelten aus ihr heraus, wie die Samen einer Pusteblume, die in aus allen Richtungen mit den Winden verwehen. 

Im Gegensatz zu mir, der nicht ein einziges Gedicht beherrscht, war ihr Gehirn sehr gelenkig und dennoch wurde sie von der Gesellschaft als alter Mensch wie ein Sonderfall behandelt. Alte Menschen sind dennoch Aliens. So werden sie auf jeden Fall oft behandelt.

Sie selbst trug natürlich auch ihren Teil dazu bei. 

Wie bei Künstlern finden wir die besten Bilder oft im Müll, statt an der Wand, und sie selbst machte sich kränker, als sie war. Als Sonderfall sonnte sie sich in Aufmerksamkeit. Sie stellte sich gerne dümmer, als sie war, um Aufmerksamkeit zu erhaschen. So war mein Eindruck, was mich nicht selten zur Weissglut trieb.

Deshalb war sie für die Gesellschaft im wesentlichen nur eine kranke alte Person, statt  eine ebenbürtige Persönlichkeit.

Mein Bruder schlug oft die Hände vors Gesicht und sagte, seine Mutter sei einfach nur noch durch. Zeigte ihr einen Vogel oder wies sie von sich. 

Er warf ihr ständig vor, sie könne ein Leben lang keine eigene Entscheidung treffen, was bedingt durch die Krankheit auch oft richtig war, denn sie wollte niemanden verletzen. 

Das jedoch kam bei der Familie überhaupt nicht gut an, denn die brauchte Führung, insbesondere was das Erbe betraf. 

Für Geld gehen Menschen über Leichen.

Meine Mutter war oft einfach nicht in der Lage, sich klar zu positionieren. 

Die Ansicht meines Bruders, das sie entscheidungsunfähig sei, bestärkte meine Mutter in ihrer Annahme, dass sie krank sei. Dieser Zustand manifestierte sich und zwar immer dann, wenn sie mit ihm zusammentraf. 

Dann fühlte sie sich minderwertig und verhielt sich auch so.

Meinem Bruder entging der Umstand, dass sie oft eine völlig andere Person war, sobald er wieder weg war.

Sobald ihre Kinder jedoch außer Sichtweite waren, erwachte sie und fand diverse Schimpfwörter für ihre Kinder, denen sie soeben noch unterwürfig war. Dann legte sie los und teilte sehr deutlich mit, was sie von ihnen hielt und dachte.

 „Was für Arschlöcher meine Kinder sind, was für ein Arschloch!”, sprudelte es nicht nur einmal aus ihr heraus. 

Ich sagte ihr immer wieder, sie solle es ihm ins Gesicht brüllen, er warte nur darauf, anstatt sich ihm gegenüber demütig zu zeigen. 

Das aber gelang ihr nicht. Sie war ihm gegenüber gebrochen, konnte sich nicht mehr artikulieren. Sie schien gegenüber allen Autoritäten gebrochen sein.

Worte wie „Scheiße oder Arschloch“ hatte sie sich erst in ihren letzten Lebensjahren angeeignet. So etwas rutschte ihr, als waschechte, systemkonform geschaltete Pädagogin sonst niemals heraus. Diesen Frust hatte sie über Jahrzehnte mit ihrem Schrubber kompensiert. 

Sie hatte immer alles weggewischt. Alles um sie herum war immer staubfrei und fleckenlos schneeweiss.

So war ihre Vorstellung von Leben nach einem bösen Krieg. Sie wischte alles weg und ihre Sexualität und Libido ebenfalls… 

Hermann Claudius:

Wolken sind Gedanken

Wolken sind Gedanken,
die am Himmel stehn.
Keine Schrift der Erde
schrieb sie je so schön.

Manchmal hingerissen
hart und wie im Zorn,
manchmal wie im Traume
leise und verloren.

Und seit Ewigkeiten
stehen so sie da,
eh‘ ein Menschenauge
noch nach ihnen sah.

Und in Ewigkeiten werden
so sie stehn,
auch wenn Menschenaugen
längst sie nicht mehr sehn.

Alte Menschen gehören in den Kindergarten!

Ingrid war in Berlin angekommen, um sie herum die Verrückten, die den ganzen Tag an  Joints herum nuckelten oder irgendwelche Flüssigkeiten in sich hinein kippten und mit der zwischenzeitlich gehbehinderten Ingrid im Einkaufswagen durch die Berliner Innenstadt rockten. 

Ich „entsorgte Ingrid“- bei Freunden in einer Wohngemeinschaft im vierten Stockwerk am Prenzlauer Berg. Desto höher sie die Treppen stieg, desto fitter wurde sie, trotz ihrer künstlichen Gelenke. Die Wohngemeinschaft war im vierten, oder war es der fünfte Stock, kurz vor dem Himmel, von der Erde aus betrachtet, dem Himmel auf jeden Fall schon ein ganzes Stück näher. 

Niemand hätte seine 84 Jahre alte Mutter ohne Fahrstuhl derart steil aufsteigen lassen, aber das ging nicht anders, da musste sie hoch und runter und durch. 

Denn ich musste nach Thailand fliegen und immer wieder zwischendrin durch die Bundesrepublik Deutschland rauschen, um meiner Tätigkeit als Wildplakatierer nachzukommen. 

Oft saß sie neben mir auf dem Beifahrersitz, wenn ich mit dem Transporter arbeitete und schlief dort ein, während ich draußen wild für Kulturveranstaltungen plakatierte. 

Oft tagelang. Sie gehörte zu mir auf den Beifahrersitz, wie mein Hund. Die beiden verschmolzen dort regelmäßig und regelrecht.

Doch wenn die Trips durch den Winter gingen, wurde es unangenehm kalt und dann brachte ich Ingrid in meine Lieblingskiffer-Wohngemeinschaft am Prenzlauer Berg.

Dort wurde sie sehr fantasievoll bedient, denn die WG war nicht nur drauf, sondern ebenfalls extrem kreativ. Es wurde gestrickt, gehäkelt und mit Müll gebastelt. Mariä, Zsu, Alexandra, Ekki, Tobias, Josi und alle möglichen anderen Menschen waren sehr gut unterwegs mit ihr. 

Sie waren super aktiv, nahmen Ingrid mit in die Uni oder in den Görlitzer Park und in den Kindergarten oder sie bastelten zu Weihnachten und nähten, häkelten und hämmerten.

Ingrid nahm die Treppen zur Wohnung unterm Himmel mit ihrer künstlichen Hüfte im Flug. Sie hatte einen starken Willen.

Vor Jahren war sie mit ihrem Koffer eine Wendeltreppe hinuntergestürzt und ihr Körper wurde von der Hüfte bis zum Fuss mit Metall zusammengeschraubt. 

Sie hörte am Flughafen, wegen all dem Metall in ihrem Körper, nicht auf zu piepen wenn sie durch die Scanner musste. 

Alte Menschen werden nicht mehr entschraubt. Die Metallplatten und Schrauben bleiben einfach im Körper. Schon damals wollten meine Geschwister meine Mutter im Altersheim entsorgen. 

Das wurde in der Familie ganz rational abgehandelt und ich erschrak manches Mal sehr darüber, wie eiskalt über Ingrid gesprochen und verfügt wurde. Wer nicht mehr kann, kommt weg.

Menschen sind wirklich Scheisse!

Eine Mutter, die unter heftigen Schmerzen ihre Beine breit gemacht hatte, um Kinder in die Welt zu drücken, eine Mutter, die jahrzehntelang ihren Kindern nur das Beste wünschte, jeden Morgen vom Wecker geweckt wurde und dann anschaffen ging im Schuldienst, immer zwischen den Fronten bekloppter Eltern, schwieriger Kinder und Schulleitungen, die täglich nach dem Schuldienst für die Schnäbel kochte und backte, die ihren Kindern immer das Beste kaufte, wird plötzlich über Nacht derart kalt in ein Altersheim entsorgt. 

Das zur sozialen Sachlage der Republik. Vom Kampf ums Erbe und den Schlammschlachten noch gar nicht die Rede. Das fand ich assozial!

Egal. Diese zusammengeschraubte Person lebte jetzt zusammen mit meinem Hund in einer wilden Wohngenossenschaft.

Wir haben der WG als Ausgleich die Pflegegelder der Versicherung gegeben. Haben wir einfach gemacht, obwohl das illegal war, denn Ingrid hätte zuhause gepflegt werden müssen und nicht irgendwo in der weiten Welt. Schließlich hatte Ingrid dafür 40 Jahre geknüppelt! 

Was für schwachsinnige Gesetze es gibt, für die “Verwaltung” alter Menschen. 

Aber weißt du, das System bist auch Du! Wer sich nur an Gesetze hält, wird wahnsinnig.

Dreh das Ding, bis es einigermaßen passt. Wer nicht dran dreht, ist selber Schuld!

So konnten wir die Zeit Dank Ingrid immer gut finanzieren. Die Wohngemeinschaft war glücklich, bekam Geld, ich war entlastet und Ingrid konnte ihre fast immer gleichen Geschichten jedem erzählen, der kam und ging. Auch Lilli, meine liebe Hündin, war mit Ingrid zusammen in die Wohngemeinschaft gezogen. Kiffer philosophieren gerne, das war perfekt für eine Person wie meine Mutter, die sich auch mit Demenz durchaus interessiert an Gedanken über das Leben zeigte .

Das war perfekt und unglaublich süß, wenn alle zusammen im Bett saßen, irgendwo im vierten Stock, dem Himmel nahe, am Prenzlauer Berg. Süße Verrückte, die immer breit waren und zu fast allem bereit.

Suicide Circus!

The Future is now, tomorrow IS past!

Ingrid besuchte mit 84 Jahren diverse Techno-Clubs und ich hatte viel zu viel unbegründete Angst, das es ihr nicht gefallen könnte. Im Suicide Circus sagte Ingrid, sie wolle lieber rüber zurück zum Techno, denn da, wo sie war, lief gerade Jazz. 

Ich bin voll aus den Wolken gefallen: meine Mutter, die stolze Omi zweier Enkel war jetzt eine Technomaus. Ingrid fand die 4/4 Bässe richtig rhythmisch und schaukelte mit.

Währenddessen machte ich mir Sorgen um ihren Herzschrittmacher, aber der schien gut geölt, auch ohne die ganzen Medikamente, die wir ihr einfach radikal abgesetzt hatten und durch hochkonzentrierte Ginger Shots, zum schräg, mundverzogenen Unbehagen meiner Mutter, ersetzt hatten. 

Auf die verschärften Ginger Shots hatte sie null Bock. Die allerdings waren ein Muss für mich als Pflegeverantwortlichen meiner Mutter gegenüber, als Detoxmittel und Blutverdünnung zum Herzschrittmacher .. sie würgte sich die Säfte rein und los gings, zurück ins wahre Berliner Leben.

PORNO Casting mit Oma

Kit Kat Club Berlin

Ich hätte Ingrid so gerne noch mit in den KitKat Club genommen, um zu checken, wie es um ihren Herzschrittmacher steht. 

Ich habe Kirsten, die Chefin dort, angeschrieben und um freie Fahrt in den Club gebeten. 

Doch es kam nie eine Antwort. Ich hätte es mega cool gefunden, wenn Ingrid noch einmal richtig geil abgegangen wäre. 

Sie hatte immer wieder versucht, mir nachts im gemeinsamen Bett ein Kind anzudrehen. 

Sie streichelte einen ständig, total zart, dabei steh ich eigentlich mehr auf hart.

So manches Mal musste ich Ingrid erklären und darauf aufmerksam machen, dass ich ihr Sohn war und dass ich sie alleine vom Gesetz her weder vögeln noch schwängern dürfte. 

Da kam der fetistisch-hedonistische KitKat Club für sie tatsächlich in Frage, denn dort ficken nicht nur Mütter und Töchter zusammen dieselben Kerle. 

Im KitKat ging alles und ich glaube, auch Ingrid wäre noch einmal und vielleicht sogar das erste Mal im Leben gekommen, vorausgesetzt, der Herzschrittmacher hätte das mitgemacht…

Sex und alte Menschen, was für ein Tabu!

Sie brüllen nach Intimität und sexueller Orientierung. Niemand hört sie in dieser pseudo- moralischen Welt, in der wir leben, als wären wir lebendig tot.

 Alte Menschen wollen auch Sex! Natürlich je nach Person, aber meine Erfahrungen und Beobachtungen in Altersheimen bestärken mich in dieser Auffassung.

Die Gartenlaube

Ansonsten lebten wir in Berlin den Sommer und den Winter über in einer kleinen Gartenlaube, in der auch unsere Bulgarische Kampfkatze BKK lebte. 

Zum Schmusen gab es also diesen schnurrenden, ewig dankbaren Haustiger, der sich nachts immer um ihren Hals legte. 

Im Garten unweit der Havel, ungefähr 30 Sekunden vom Wasser weg, hingen wir mit den Berliner Spatzen im Liegestuhl und frönten der Sonne, während die Technoboote die Havel auf und ab dröhnten. 

Wir waren in allem anspruchslos, kochten und gingen Sonnenbaden oder in der Havel schwimmen..

Frische Windeln waren wegen ihrer Inkontinenz das Wichtigste. Aber die hatte Ingrid bestens und selbständig im Griff. Ihre Handtasche war auf Schritt und Tritt immer voll damit.

Sie hatte überall, wo immer sie war, mehr vom Leben, als im betreuten Wohnen einer halsabschneiderischen Caritas, mit einem gekreuzigten Jesus an der Wand eines kahlen, hygienisch grauen Gemeinschaftssaals, in irgendeinem Verwahrungsheim für alte Menschen, wo sie sich gefreut hatte, wenn das Pflegepersonal sie duschte oder ihr den Arsch abwischte. 

Das konnte sie plötzlich alles wieder ganz alleine erledigen. 

In Bonn bei meiner Schwester, die sich beruflicherseits überhaupt nicht um Ingrid kümmern konnte, kam damals die Caritas täglich 25 Minuten und verabreichte Ingrid für teueres Geld Medikamente, für Krankheiten, die sie überhaupt nicht hatte. 

Nicht einmal ihr Hausarzt überprüfte, welche Medikamente sie wirklich brauchte. 

Das sei, so wurde mir später mehrmals von kompetenter Seite bestätigt, Sache der Angehörigen, welche Krankheiten die Alten hätten. 

Auf eigene Initiative würden Ärzte nichts am Medikamentenplan ändern. 

Sie schreiben einfach nur die Rezepte, von dem, was im Plan steht und womit alle wunderbar verdienen. 

Die Pharmaindustrie der „Gates Partei Bündnis 90 die Grünen“ kassiert die Alten ab und pumpt sie chemisch voll. 

Das ist Alltag in deutschen Altenheimen. 

Soviel zur angepriesenen Fürsorge in Corona Zeiten!

Während der Zeit im betreuten Wohnen war Ingrid fast nur alleine.

Die Tablettenfrau war die einzige, mit der sie 20 Minuten am Tag reden konnte, über die Enkel, ihre Kinder und den Krieg. 

In Berlin Klein-Venedig-Spandau dagegen sprangen uns die Waschbären um die Gartenlaube und die Füchse reichten den Igeln die Pfoten. Sie war draussen und erlebte die Natur und die Stadt, das Wasser und den Fluss und später das Meer.

Ingrid war zwar auch nervig, aber wer nervt nicht? 

30 mal die Woche wollte ich sie umbringen, was mir natürlich nicht gelang und 15 mal davon wollte sie mich umbringen.

Das Leben ist unser Gefängnis. Gefangen in unserem Körper irren wir in unseren Zellen umher, von der einer Seite zur anderen und zurück in den Kreislauf der Gedanken, die uns umgeben. 

Wir kommen nicht raus aus dem Kreislauf der Widersprüche. Wo gerade noch gut war ist jetzt plötzlich schlecht. 

Wir können dran drehen, wie wir wollen. Wir und unsere Gedanken sind gefangen. Das Gehirn ist unsere Festplatte. 

Upload Download – Error  – cold start. Wir werden von Religionen und Medien programmiert und die gehören den Mächtigen.

Diese wichtigen Nasen wissen das und führen uns an der Maske durch die Manege. Unsere Psyche ist ihr Spielball.

Es gibt nur die Meditation, da lassen wir sie und alles zurück, indem wir atmen, durch unsere Atmung, und endlich kommt dann der Tod, die Erlösung vom Leid (Buddha). 

Ingrid sah dem Tod in die Augen, die Gesellschaft verdrängt ihn oder denkt kaum daran. Die tut so, als ginge es den Alten im Programm Altenheim besser, als wenn die Alten einfach auf Holzpaletten einschlafen oder irgendwo auf irgendeinem Acker.

Berlin tat Ingrid sehr gut, mit den Hippies im Park und den Healings. Überall waren Menschen, suchend, neu und wissbegierig. 

Es wurde geredet, getextet und getanzt. Überall waren Kinder. Nicht nur in der Wagenburg bei Manusch mit den Eseln Don Carlos und Don Juan. 

Ingrid kam rum. Spritties, Drogies und ganz einfach Menschen, von überall.

Sie stürzte ein paar Mal, brach sich irgendwie, irgendwo, irgendwas, aber es ging immer weiter, manchmal auf Krücken oder wieder mal im Einkaufswagen, und wurde von Freunden durch Berlin geschoben.

Golden Girls

Meine golden Girls lebten ständig zusammen und meine Hündin Lilli hatte mit 11 Jahren Krebs bekommen. 

Sie schwächelte immer wieder zwischen drin und ich lernte eine Menge von Krebs. Wir verlängerten ihr Leben um weitere stattliche 4 Jahre. 

Statt OP gab es hochkonzentrierte Blausäure aus der Keimsaat der Mandelkerne erhältlich bei eBay.

Eine Freundin aus dem Paracelsus Klinikum, Abteilung Chemotherapie hatte mir den Tipp gegeben und diverse andere Antioxidantien, wie Aronia Beere, Löwenzahn und Traubenkern Öl… das funktionierte wunderbar.

Das Mutter-Kind Verhältnis

Ingrid war sehr schön und jeder konnte ihr ansehen, dass es ihr gut ging. Gäbe es nicht die Tochter, welche sie betrogen hatte. Die 200.000 Euro, die sie der Mutter für den Hausverkauf unterschlagen hatte, waren schon ein starkes Stück. Dass sie jedoch über 5 Jahre sämtliche Arztbesuche, Pflegedienste und zahlreiche sehr teure Medikamente vom Geld der Mutter bezahlt hatte, statt diese bei der Versicherung zur Abrechnung einzureichen, war schon mehr als kriminell, denn es spiegelte das kranke Mutter-Kind Verhältnis wieder. Meine Mutter hatte ein Leben lang an ihre Tochter geglaubt und ihr voll vertraut, zum Unmut meines Bruders. Ingrid liebte Kinder und war fasziniert von der Welt durch Kinder. Es war eine enorme Belastung für sie, dass meine Schwester den Kontakt zwischen Ingrid und den heiß geliebten Enkelkindern abbrach, nachdem die böse Veruntreuung ihres Vermögens durch meine Schwester aufgeflogen war. Ob Geige 🎻 10.000 Euro oder die schönste Bettwäsche auf Erden, Ingrid hatte ihren Enkeln alles ermöglicht. Ingrid wollte immer das Beste für Kinder und kein Geld sollte dafür zu schade sein.

Meine Mutter hatte ein gebrochenes Herz. Immer wieder, erwähnte sie, die Christin: “Nie wieder Kinder, auch nicht im nächsten Leben!”

Das war so tragisch, denn sie hatte ihr ganzes Leben umsonst gelebt und geschuftet. Die Tochter hatte Ingrid regelrecht gebrochen und in ihrer Pflegeverantwortung übelst ausgenutzt, isoliert und betrogen.

Wenn Kinder zur sozialen Waffe der Erwachsenen mutieren, indem sie von diesen benutzt werden, um sich gegenseitig zu sanktionieren und durch Liebes-und Kontaktentzug zu bestrafen, dann ist das unglaublich und asozial. Oft sind es gerade Pädagogen, die derart agieren. 

So reflektierte sich die Energie der Scheidung meiner Eltern im hohen Alter in der Beziehung der betroffenen Familienmitgliedern untereinander. Eifersucht und Habgier fachten die armseligen Abrechnung mit dieser 84 Jahre alten Person an.

In Wirklichkeit war Ingrid nicht frei, denn ihre zerstörte Familie war das, was sie selbst gesät hatte und nun erntete.

Durch die Wolkendecke

In Berlin war es, wie immer, sehr schön und verrückt. Ingrid lernte überall Menschen kennen. Kinder, Junkies, dicke und dünne.

Die Reaktion der Jugend war schon sehr bewegend. Ein unglaubliches Gefühl von Verantwortung ging durch die Gesellschaft. Ingrids Hand war selten leer. Immer gab es einen Jugendlichen, der oder die danach griff und Ingrid mit sich nahm.

Die Jugend ist ausgehungert und kennt keine alten Menschen mehr. Umgekehrt ist das Verlangen nach Kontakt ebenso groß.

Dieses Gelaber, dass man dies und jenes nicht mit alten Menschen machen kann, ist falsch! Du kannst mit allen Menschen oft mehr machen, als Du glaubst.

Wir waren immer auf Achse. Entweder im Liegestuhl in Berlin Klein-Venedig, wo sie ihre Übungen machte, oder auf Feld und Wiese in der Innenstadt. Sie verbrauchte 10 % ihres Lebensabend bei mir neben Hündin Lilli im LKW und das oft wochenlang! Aus dem angeblich besten Altersheim Deutschlands flog sie nach einem Tag hinaus, weil sie unpünktlich war…

Sie schlief mit mehreren Leuten zusammen in einer Wohngemeinschaft, irgendwo hoch oben im vierten Stock, den Wolken nahe. Sie stürzte ein paar Mal, brach sich einiges und sprang wieder auf die Füße.

Sie zog sich die Geländer hoch und manchmal haben wir sie die Stufen hoch geschoben, wenn sie uns zu lahmarschig vorkam. Sie wurde nicht geschont und war ständig im Zentrum, was manchmal andere Menschen nervte, weil diese dort auch mal gerne sein wollten. Die Demenz kam und ging in Wellen.

In Bulgarien genoss sie das Meer und die heissen Quellen Varnas. Wir schliefen zusammen im Sand am Strand. Sie spendierte uns von ihrer Rente leckeres Essen und Trinken.

Wir lagen in der Salzsole in Burgas und heizten dem Herzschrittmacher ein.

Alle Tabletten wurden abgesetzt und Ingrids vorher blutig zerkratzte Haut rehabilitierte sich.  

Wir besuchten den Friedhof ihrer Eltern in Lüneburg, wo sie mir mitteilte, es sei ihr egal, was mit ihr passierte, wenn sie tot sei. Dann ging es zu ihr nach Hildesheim, wo sie fast ihr ganzes Leben lang verbracht hatte: zum Knochenhauer Amtshaus, zum Griechen Schafskäse essen, oder zum Chinesen, wo sie Wasabi zur Erdbeertorte ass.

Wir besuchten alle ihre Freunde und wanderten auf Krücken steile Berghänge hoch.

Sie tanzte in Kneipen zu AC⚡DC, ging auf Festivals und saunierte mit uns. Sie genoss tolle Geigen- und Technokonzerte.

Doch ich musste wieder los, raus in die verdammt weite Welt, Richtung Tellerrand, denn dorthin zog mich mein Fernweh, meine Sehnsucht und die Flucht vor den  Regeln.

Ich hatte bereits im Erdbeben in Nepal Gebäude aus Plastik und alten Glasflaschen gebaut. Davon könnt Ihr später in der Pollution Revolution Now! mehr lesen.

Es zog uns wieder los, immer weiter ohne Ziel, bis ich eines Tages auf einer kleinen Insel 🏝️ Koh Phayam Ranong im Urwald über einen Berg Plastikflaschen stolperte.

Ingrid hatte ich für ein paar Wochen in der Verhinderungspflege, im Lautenthal/Harz, dem Nachbarort Wildemann, vorübergehend im Waldschlösschen entsorgt.

Ich wollte weg, immer weg, ganz weit weg. Nach dem schönen Projekt in Nepal und dem Vorhaben, -Pet Bottle Village- Kathmandu, Temple 4 dogs and Temple 4 Love im Erdbeben zu bauen (Geo Magazin 02/16 berichtete), 

verschlug es mich auf die Insel 🏝️ Koh Phayam Ranong Thailand Andaman Sea, an der Grenze zu Myanmar. Nach meiner Pollution Revolution Now!, dem „Wegbereiter“ von „Fridays 4 future“, war nun die Zeit gekommen, das neue upcycling Project Tukkiland 🐍 voranzutreiben. 

Per Zufall, Augen zu und Finger auf die Landkarte, Augen auf und da geht’s dann hin. Koh Phayam sollte es sein.

Immer, wenn ich über Plastikflaschen in der Natur oder den Städten stolperte, versprach ich ihnen, das ich zurückkommen würde, um sie zu retten und etwas Schönes aus ihnen zu machen.

Also ging es wieder, mit ner Plastiktüte als Handgepäck in der einen Hand und Ingrid an der anderen Hand, von Berlin-Tegel nach Istanbul Richtung Bangkok, Thailand.

Ich hatte Ingrid gefragt, ob sie Lust hätte auf die Reise nach Thailand und immer wieder antwortete sie, „Natürlich, ich will doch noch was erleben“… Das sagte sie sogar noch 3 Wochen bevor sie starb, auf dem Boot ⛵ nach Myanmar.

Ingrid und ich packten ihren Rollkoffer in der Gartenlaube. Endlich hatten wir einen neuen Reisepass erhalten, denn ihre mittlerweile verhasste Tochter hatte ihr den alten nicht ausgehändigt, obwohl wir mehrere Male darum baten. 

Meine Schwester, die ich fast 40 Jahre nicht gesehen hatte, war nicht nur mir gegenüber ausgrenzend und ignorant. Heute weiss ich sicher, warum.

Sie hatte Ingrid nicht nur massiv bestohlen und ihr Erbe veruntreut, sondern gönnte ihr noch nicht einmal eine Reise ans Chinesische Meer. Eifersucht und Boshaftigkeit

und über Jahrzehnte gespielte Liebe flammten zwischen Mutter und Tochter mit der Hilflosigkeit des Alterns immer wieder auf. Sie hatten sich niemals mental voneinander abgenabelt.

Nicht einmal zum Pizza 🍕 essen durfte Ingrid, die Oma, ihre Enkel zum Abschied einladen. Diese Sanktion traf Ingrid am härtesten. Meine Schwester hielt ihre Kinder von uns und der geliebten Oma fern. So konnten sich die Enkel von ihr niemals verabschieden. Wie traurig, auch für die Kinder. Oma und Enkel hatten sich sehr lieb. Wäre da nicht diese kriminelle Energie, die Habgier und brachiale Eifersucht der Tochter gewesen, es wäre ein mental gesunder Lebensabend für alle daraus geworden! Dazu kam es nicht.

Gedanken sind Gift

Unsere Gedanken sind Gift. Gefangen in unserem Körper, irren sie hin und her, im Kreislauf der Gegensätze. Mit Hass kicken wir uns glücklich für Sekunden, bis dieses Glück genau so schnell zerfällt und Unglück in uns zurück bleibt. Vergiftete Gedanken gehören zu uns, wie die Illusionen, die uns beherrschen.

Wir reisen durch unseren Körper, durch die Materie und ohne Schmerzen leiden wir. Wo keine Probleme sind, tun wir alles dafür, für neue zu sorgen, damit es wieder knallt. Für Bruchteile von Sekunden erleben wir Glück, das sogleich zerfällt und als Scherbenhaufen zurück bleibt, Schritt für Schritt voraus, hinaus aus dem, was wir in Wahrheit sind, nämlich Materie.

Erdo Fly

Wir reisen jetzt auch Richtung Istanbul mit „Erdo Fly“, eine Plastiktüte in der einen und die demente Oma an der anderen Hand … Ingrid war sehr gut drauf, wenn sie vom Bodenpersonal der Airline in einen Rollstuhl gesetzt wurde und auf den Flughäfen zum Check-in gerollt und mit einem Sessellift in das Flugzeug transportiert wurde. Dann erzählte sie jedem noch kurz was vom Bombenangriff auf das brennende Dresden, durch das sie auf der Flucht aus Polen als Kind im Nachthemd irrte, und von den schwarz verkohlten Leichen. 

Sie hatte das alles erlebt, ihr Vater, mein Opa, war ein Nazi gewesen. 

Ingrid war im Rollstuhl auf den Airportfluren die Nummer eins, der Mittelpunkt der Gesellschaft. So kam es ihr vor. Ein Rollstuhl gab ihr das, was sie innerlich am meisten ersehnte, nämlich Aufmerksamkeit und Anerkennung. Frei nach dem Motto: „Guckt mal Leute, ich sitze im Rollstuhl, da sitzt ihr nicht!!! Sie genoss die Zeit, bis sie endlich im Flieger war, angeschnallt und mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Ich überließ ihr immer die Fensterplätze, für den Blick in die Wolken und für das, was weiter oben kommt, den Himmel!

Jetzt hoben wir ab Richtung Klein-Kurdistan Istanbul, mit einem für immer letzten Blick auf Klein-Venedig Spandau-  im alten Berlin, vor Corona und dem damit einhergehenden Untergang der Vielfalt und der Subkultur in dieser Stadt, die ich immer liebte, weil ich sie hassen durfte. 

Die Stadt, in der ich mich von den Drogen verabschiedete, sonst wäre ich immer tiefer gefallen, in den Schoss jener, denen es ebenso ging wie mir. 

Eine Stadt ohne Uhrzeit, wo ich bis zu 2 Wochen ununterbrochen in Techno Clubs lebte, Drogen konsumierte und mich in genau denselben Clubs von den Drogen schwitzend frei tanzte.

 Ich liebte diese Szene, die Melodien, den Porno, mehr alles andere in dieser Welt der Zerstörung und der Zerstörten. Es gab in Berlin keine Uhrzeit. Es gab nur hell oder dunkel, bunt oder schwarz-weiß.

Wenn ich manchmal 4 Tage ohne zu schlafen durchtanzte, auf der Sehnsucht nach Liebe, und mein Herz blutend lauter schlug als der Bass, dann war ich high und oft klatschnass, so das ich um mich herum ausreichend Platz brauchte, um rumzuspringen zu den Techno Klängen. Denn es regnete Schweissperlen auf die Leute um mich herum. Eine Türsteherin wollte mich deshalb tatsächlich nicht in den Club- lassen. Je mehr ich tanzte, desto mehr konnte ich nicht mehr aufhören und desto mehr Platz war auf der Tanzfläche um mich herum. 

Je weniger Drogen ich nahm, desto länger konnte ich tanzen und mich so entgiften, um mich herum die ganzen Vergifteten. Die Clubs mutierten für mich zum Fitnessstudio. Clubs waren meine Therapeuten. Je mehr ich runter kam, desto einsamer wurde es um mich. 

Die Leute waren Denkmäler und mein Gehirn bekannte sich zur Denkmalpflege. Ich sah überall zerstörte Menschen um mich herum und das wurde zur echten Abschreckung. In den Clubs kam ich zu mir und das ganze Elend wurde tanzend aufgearbeitet.

Beil und Bässe im Kopf mutierte die Tanzfläche zu meinem Revier. Hier tobte ich mich aus und plötzlich infizierte ich andere. 

Wenn mir wer eine Zigarette anbietete, lehnte ich dankend mit dem Hinweis ab, ich bräuchte keinen Blow Job. 

Wenn mir wer ein Bier anbot, war die Flasche nix anderes als ein Penis, eine steife Schwanzverlängerung in der warmen Hand. Ich lehnte dann dankend ab, mein Penis sei OK, ich hätte heute schon genug.

Wenn mir wer einen Joint anbot, sagte ich, die Titte meiner Mutter sei bereits leer gesaugt. Nix mehr drauf.

Keine Blow Jobs mehr ab 16. 

Mit Sigmund Freud holte ich mich von den Drogen, ohne Pillen, Chemikalien und Therapeuten-Gelaber.

Nachdem mir in Osnabrück zwei Betrunkene ein Beil in den Kopf schlugen, nur weil ich einen Streit mit Erfolg schlichtete, war Berlin für mich die Flucht nach vorne.

Ich selbst war ziemlich zerstört vom Alkohol, in Berlin kamen dann zum Glück die Drogen dazu, denn die Einstiegsdroge Alkohol meinte es nicht gut mit mir. 

Als ich das erste Mal vorm Kater Holzig stand, vor diesem bunten, zusammen gebretterten Berliner Techno Klub, war ich glücklich, endlich in meiner Welt der Liebe, der Vergewaltigung und des Mülls untertauchen zu können. Aber die Club Checkerin „Tür-Nazi Steffi, einst Punker“ ließ mich nicht rein, selektierte in alternativem, neofaschistischen Antlitz die von mir so heiß geliebten Subkultur, nur weil ich im Klubeingang über irgendetwas vor Freude lachte und weil ich in eine neue Welt und Zukunft eintreten wollte.

Doch das Luder liess mich nicht rein, das war ein Bruch mit der Szene. Die immer nur wegguckt, statt die Kasse zu stürmen. Ich hasse Punks, die sich auf Kosten der Träume an der Gesellschaft bereichern. 

Wieder war ich außerhalb der Gesellschaft, alleine ohne Liebe. Mir wurde die Welt verschlossen. Steffi Tür-Nazi ließ mich nicht rein, dabei gehörte ich mit meinen tollen Ideen doch genau in diese Welt. Das war nicht wahr! Oder doch? Ausgegrenzt von der eigenen Subkultur, für die ich mein Leben gab.

Das war, als wäre die Berliner Mauer vor die Clubs gezogen, durch die alternative Szene, die sich damals noch nicht in den Händen der „Pharmaindustrie“ befand, sondern in den Händen der „Drogenkartelle“ und drum herum, den kreativen, verrückten bunten durchaus durchgeknallten Aktivisten und Drogenopfern.

Also begriff ich, dass ich mich dagegen wehren musste. Die Berliner Clubkultur und Türpolitik betreibt Selektion. Wie bei Tinder wird nach bestimmten Stereotypen sortiert, wer dazugehört und wer nicht. 

Was sind wir Menschen doch alle faschistisch! 

Im Laufe der Geschichte gehörte ich plötzlich dazu, kam sogar umsonst rein, war privilegiert als Sonderling anerkannt und wenn ich nur den Mund öffnete, flog direkt irgendeine Pille hinein. Ich liebte Ecstasy und diese Klarheit, die verschmuste Libido, den Gang Bang auf dem Klo. Die Süße, die sich völlig breit von 2 Typen stopfen ließ. Das war Freiheit und ist es bis heute noch geblieben.

Die Berliner Schlange & Kloordnung

Für mich gab es die „Berliner Clubtoiletten-Hierarchie“. 

 Die Klopyramide und der wahre Grund, warum die Berliner in Hundertschaften vor den Toiletten Schlange standen.

Ganz oben standen die meisten dort wegen der Drogen. Die nächste große Gruppe kam zum Ficken auf Klo und die drittstärkste Gruppe war einfach nur zum Scheissen auf dem Klo.

Ganz unten in der Berliner Klo Hierarchie standen die, die einfach nur aufs Pinkeln warteten. Sie mussten sich damit abfinden, das sone Nase Koks oder ein bisschen Verkehr nicht im Handumdrehen erledigt sind und sich das Pipi verdammt gut weg drücken. Das sind die in der Schlange mit den X Beinen.

Da die Toiletten in Berlin „unisex“ sind und Männer und Frauen zusammen „drauf gehen“, wurden Frauen zum Pissen immer vorgelassen. 

Sie waren in der Kloordnung privilegiert. 

Es war selbstverständlich, dass man Frauen vor ließ. 

Manchmal waren die Klokabinen so voll gestopft mit Konsumenten, dass kein Schwanz mehr dazwischen passte und die Leute oben heraus quilten.

Was den Deutschen normalerweise ihr liebstes Kind, das Auto, ist, war das für uns Berliner Drogenkonsumenten die Klozelle im Club. Wir gingen in den Club wegen dem Klo. Die ganze Welt kam nach Berlin geflogen, um im Club aufs Klo zu gehen.

Es war ganz normal, in Pisse oder Sperma zu stehen und man musste sehr aufpassen, nicht darin auszurutschen, oder sich hinein zu setzen. 

Ich liebte die Clubtoiletten, es wurde beim Tür öffnen, sofern es eine gab, sehr deutlich wie versaut Menschen in Wirklichkeit sind. 

Es gab keinen Grund, der allerorts krank machenden Hygiene auch nur einen Zehntel Millimeter Raum zu geben!

Auch die Polizei muß aufs Klo!

Einmal kam im Holzig plötzlich ein Polizist aufs Katerklo geschneit. Ich glaube es war Sonntag. 

Tag 3 oder 4 in der Berliner 2 Tage Woche, Dienstag oder Freitag, entweder du hast Dienst oder Du machst frei. 

Die restlichen Tage waren einfach gar nicht vorhanden. Der Bass donnerte ohnehin von hell bis dunkel, wer brauchte da den Donnerstag?

Dieser Polizist jedenfalls sorgte für Unruhe unter den Konsumenten, die im wesentlichen mit X Beinen in der Kloschlange stehend, darauf warteten, endlich aufs Klo zu kommen, um sich zu entleeren, oder sich den Stoff wegzuziehen, mit dem sie die Hosen voll hatten. 

Als der Berliner Bulle plötzlich aufs Klo kam, stand niemand mehr „Berliner Schlange“. Sie hatte sich aufgelöst, wie der Rauch im Schweiß der Luft.

Wie sich aber bald herausstellte, hatte sich die Schlange völlig ohne Grund aufgelöst, denn es sollte zu gar keiner Razzia kommen, wie von den meisten Konsumenten mit dem „P‘ wie Paranoia in den Augen zunächst befürchtet. 

Der Polizist musste einfach nur pissen. 

Gut, dass er nicht sein Beinchen dabei hob.

Sein Strahl plätscherte in die Kloschüssel. 

Auch dieser Cop hatte keinen straffen Strahl in die Schüssel mehr. 

Am „Pipi-Strahl-verhalten“ der Pissenden konnte man nämlich erkennen, wer im Leben bereits wieviel Extasy oder Ketamin konsumiert hatte und wer gerade was drin hatte. 

Echte Konsumenten müssen den Strahl unterbrechen und das Pipi aus dem Unterleib rausdrücken, gesunde ziehen ihren Strahl in die Schüssel straff durch, es läuft, ohne anschließende Tröpfchenbildung. 

Auch dieser Cop hatte eine echte Tröpfchenbildung. Ich habe einige breite Polizisten erlebt und ehrlich gesagt waren sie dem Volke näher, als all die anderen.

Vor Corona war die Polizei noch für das Volk da und jetzt knüppeln sie im Namen kranker Politik wieder auf das Volk. Die Berliner Polizei war volksnah und niemand, vor dem sich Menschen fürchten mussten.

Immer noch im Flugzeug…

Wir sitzen immer noch im Flugzeug Richtung „Istanbul Klein-Kurdistan“ und ich träumte immer noch, auf Berlin blickend, aus dem Fenster. Der Kopf meiner dementen Mutter lag bei einer scharfen Linkskurve des Fliegers auf meiner Schulter. 

Es war Wehmut dabei, das alte Berlin vor Corona zu verlassen, sich von seiner Sehnsucht zu verabschieden, nach so vielem, wofür diese Stadt immer offen war.

Wenn Mensch dann weg war, war es auch gut, länger weg zu bleiben, denn niemand verpasste etwas, weil Berlin immer wieder auf Dich gewartet hatte. Das neue Corona Berlin heute erkenne ich nicht wieder. 

Clubs als Impfzentren, irgendwas ist da mächtig in die Hosen gegangen. 

Verkauft und verraten wurde sie, die einst so bunte, laute, kritische, antikapitalistische Szene und hat sich widerwärtig von Kartellen missbrauchen lassen. 

Ausgerechnet von der Pharmaindustrie, Monsanto und Co., den einstigen Feindbildern überhaupt!

Vor dem Hintergrund, dass selbst der Gesundheitsminister Lautenbach aussieht, als gehöre er, mit allen Symptomen, zur Crystal Meth Amphetamin-Lobby im Reichstag, mag einen das auch nicht mehr groß wundern.

Soviel gequirlter Wahnsinn, paranoider Brei, der durch seine zerbrochenen Zähne quillt.

Immer noch in der Startphase des Fliegers, die schneeweisse Nase steil nach oben durch die Wolkendecke gefüllt mit Schnee, den Kopf meiner dementen Mutter auf meiner Schulter. Meine Hand in ihrer Hand.

Diese Clubszene war damals meine Familie und mein Seelenheil geworden.

Ab Tag 3, meistens Sonntags, wenn die Wochenendtouristen bereits im Flugzeug saßen, kamen die Grünen Männchen in die Clubs und um die Bässe geflogen, alle brav auf „Ketamin“ und irgendwelchen unbekannten Kunstdüngern, Waschpulvern und was noch alles lecker durch Nase und Blase geht.

Die Sonntage waren sehr sehr spacige Momentaufnahmen.

Weil jeder wusste, dass ich fast jede Frau haben konnte, mit meinem Knackarsch und dem ‚au Mann ist der süss“, bekam ich keine. 

Die Pornos und das unverarbeitete Sexualverhältnis im Alter von 4 Jahren zu unserem Hausdiener in Cairo “Hamdan“, der Krieg der Eltern um Karriere und fehlende Liebe, haben verdammt irritiert. 

Meine egoistische Energie schien immer ziemlich krass, denn es ging mega viel Energie durch die Clubräume. Sobald ich einen Raum betrete, war ich oft, ohne dass ich das wollte, der Mittelpunkt. 

Ich mit meiner noch frischen Wunde vom Beil im Kopf, süchtig nach Alkohol, Drogen und Porno, lande mitten in der Drogen und liebenswerten PORNO-Szene.

Dort liebten und hassten sie mich. 

Ich war oft ein leerer Hohlkörper und nur noch meine Träume, Ideen und Illusionen hielten mich lebendig. 

Ich saß auf dem Sofa, wie spät weiss keiner, denn es wurden in Berlin nicht nur die Tage ausser „Dienstag und Freitag“ abgeschafft, sondern auch die Uhrzeit war voll unerheblich. Uhrzeit was war das?

Es gab nur noch hell oder dunkel. 

Es war hell. 

Ich war gerade auf dem Sofa erwacht, ein neuer DJ und ein völlig neues Publikum um mich herum. Vom Sofa schlaftrunken weitertanzen Tag 5.

 Überall sprachen sie von mir, wenn sie da rum standen, in meinem sogenannten „Fitness Studio Kater Holzig“, meinem Therapie Raum. 

Die hübschesten und süßesten Frauen ließ ich abblitzen. 

Sie winkten mich zu sich, doch ich konnte nicht und tat jede Nacht so, als würde ich es nicht mitbekommen. 

Viele wurden sauer, weil ich die ganzen Annäherungen der Frauen missachtete.

Ich hatte Angst, war leer, weggeballert und auch handlungsunfähig, nicht nur im Kopf leer gewichst.

Wirklich traurig, wie ich die Liebe und mich selbst so oft im Leben missachtet und vergewaltigt habe. Aber auch das gehört alles zum Leben. 

Es war immer schön, wenn ich der Frau beim Gang Bang die Hand streichelte oder ihr Gesicht küsste, während die Jungs sie rundum einer nach dem anderen durchvögelten. 

Mein Kopf war verbrannt, von allem was ging. 

Wie sollte ich dann der geilen Maus mit den langen Haaren und der knackigen Jeans den Aufmarsch machen vor hunderten Menschen, die alle nur darauf warteten, dass ich endlich käme, um endlich auch zu ihnen zu gehören.

Ich konnte nicht verstehen, dass es Gruppen gab, die zueinander hielten. Ich glaubte immer, Menschen sind alleine unterwegs und jeder ist allein. 

Diese Gruppen um mich herum waren für mich reine Illusionen. 

Wie alles aus der Sicht des Hinduismus Illusion ist. 

Doch meine Sehnsucht das zu verstehen, war genauso groß. Zwischen Sehnsucht und Erkenntnis war ein unglaubliches Vakuum. 

Ein riesiger Raum Leere, voller Missgunst und vielleicht sogar Eifersucht. Was die hatten, nämlich Vertrauen und Gruppenzugehörigkeit, bekam ich nicht hin.

Ich war schüchtern und das Kater Holzig Publikum teilte sich in 2 Hälften. Die einen, die mich mochten, weil ich alleine mein Ding machte und ihnen nicht einfach entsprach und aus der Hand fraß, kein Mitläufer war, wie die Familie es erwartet hatte. Die anderen, die der Meinung waren, ich zerstöre ihre Frauen, die ich Arschloch, reihenweise abblitzen ließ, die mich mit Grund verständlicherweise nicht verstehen konnten .

Ich habe das Stammpublikum im Kater unglaublich krass gespalten, nur weil ich eigentlich nix gemacht habe und im Raum anwesend war. 

Das war mega trippig. Selbst als mich in meiner Freitanzphase befand, war es noch so.

Ein Türsteher vom „KitKat Club” oder war es das “Golden Gate“, sagte mir nach nur einem Monat Berlin, ich sei in der ganzen Stadt bekannt, wie ein bunter Hund. 

Das war verdammt komisch für mich.

Denn ich war immer alleine und fand nirgends Zugang, war mitten drin und dann sofort wieder am Rand der Gesellschaft. 

Niemand knackte mich.

Wenn ich einen Raum betrete, dann wird es stille, vielen gucken, drehen sich zu mir um, dabei mach ich nix, ich trete einfach nur ein und die Welt dreht sich um mich, wie die Wolken sich um die Erde drehen und ich mich um die Welt. 

An dieser Stelle möchte ich mich tatsächlich outen, denn später habe ich Berlin verstanden. 

Generationen, die in Wohngemeinschaften von klein auf zusammen bis ins hohe Alter in einem gemeinsamen Bett aufwachen, haben eine ganz andere Gruppendynamik und ein völlig anderes Sozialbewusstsein, als ich Kind von Nazikindern.

Ich möchte euch heute alle umarmen und küssen, die ihr euch Gedanken um mich gemacht habt, als ich über Jahre scheintot war und noch bin.

An dieser Stelle rumpste es im Flugzeug, die Signalleuchten der Gurte blinkten auf. 

Bis heute bin ich Künstler im Verdrängen. Ich flüchte mich in Ideen. 

Habe fast immer Antworten auf das Ganze Große, kann vorher sagen, was kommt, und bis 3 zählen, doch im Kleinen bin ich ungelenkig und hilflos wie ein Kind, sonst wären Ingrid und ich wahrscheinlich nicht im Flugzeug nach Thailand unterwegs gewesen.

Das “Kater Holzig” war meine Liebe und meine Sehnsucht. Weil ich mich trotzdem nicht befreien konnte von meiner Sehnsucht nach Liebe, vermischten sich Enttäuschung und Wut.

 Die Clubs machten mich eifersüchtig, überall lief Koks und überall wurde gefickt und ich konnte nicht, war in meiner dritten Welt, die ich noch einmal kurz in fünf Minuten retten wollte.

 Dafür war Berlin der richtige Ort für den Schrei der Erkenntnis.

Die „Erste Berliner Eseldemonstration“

Aus Wut auf die Selektion am Einlass der Berliner Clubtür und weil sie den neofaschistischen Drogenkartellen in den Clubs den roten Teppich ausrollten, um dann lautstark gegen die Faschisten in der AFD zu bassen, organisierte ich eine Demo. Ich wollte den Drogentest statt Corona Test in der Berliner Clubkultur durchsetzen.

Also meldete ich die „Erste Berliner Eseldemonstration“ mit meinen Eseln Don Juan und Don Carlos mit dem Marsch auf den Mörchenpark an, mit anschließendem „Shitin“ an der Tür vom Kater Holzig.

Der Mörchenpark gehörte zum neuen Katerblau und feierte gerade Eröffnung.

In wochenlanger Redaktionsarbeit und mit kämpferischer Hingabe „gegen die Bebauung der Spree durch Alternative“ hatte ich Berlins 1. Esel Demonstration vorbereitet. 

Tatsächlich fuhren am 1. Mai zur Eröffnung des Kater Mörchenpark 6 Polizeiwannen vor.

Doch ich selbst, die sogenannte „Demo Leitung“, lag total besoffen im Görlitzer Park herum, denn alle meine Mitstreiter hatten mich hängen lassen. Als Ausgleich 2 Flaschen Weisswein, 5 Berliner und ne Flasche Rose zum nachspülen. Ex und hopp…

Auch hatte mir das Veterinäramt den Betrieb meiner Esel ein paar Stunden vor Demobeginn entzogen.

Ich war plötzlich so breit, dass ich den Weg zu meinen Eseln nicht fand, um diese trotzdem zur Demonstration abzuholen. 

Frei nach dem Motto: “drauf köddeln!”

Das war so bitter. Die Frau, die das Auto mit dem Pferdeanhänger fuhr, ließ mich zurück, als wir den Weg nicht fanden. Ich legte mein Handy aus Wut auf die Straße und knackig fuhr das erste Auto drüber.

Klassisch, Frau weg, gute Idee abgesoffen, Handy kaputt, monatelange Arbeit für nix.

Der einzige Esel sollte ich mal wieder selber sein.

Es waren tatsächlich 300 Demonstranten laut Berliner Zeitung gekommen, allerdings ging die Zahl in der Gruppe von 30.000 Menschen, die zur Eröffnung des Mörchenparks kamen, vollständig unter.

Der Typ, der meine 60.000 Flyer mit den Forderungen der Berliner Stadtmusikanten bei sich zu Hause hatte, war kurzfristig und überraschend in Urlaub gefahren. 

Keine Esel, keine Frau mehr, keine Flyer – Scheiß Eseldemonstration.

Es blieb zwangsläufig nur noch die Endstation für mich und ich schüttete 3 Flaschen Weißwein und fünf Berliner drauf. Zwischendrin meldeten sich diverse Medien und Zeitschriften via Handy, aber ich ging nicht dran. Der Alkohol war zu hart.

Die Türsteherin Steffi wurde allerdings noch zu den Inhalten durch die Berliner Zeitung interviewt und befragt. Umso mehr “freute” sie sich, als ich abends wieder bei ihr im Eingang stand, um zu tanzen. Sie schäumte und verwehrte mir den Einlass, worauf ich ihr aufklärte, das ich genau wegen dieser Türpolitik doch die Demo angemeldet hätte. Sie ließ mich nicht rein, worauf ich ihr mitteilte, die Anliegen der Berliner Stadtmusikanten seien legitim und sie sei Punker und ich Anarchist. Sie könne gerne die Polizei rufen und mich räumen. Diese Welt da drinnen gehört genauso mir wie ihr. Steffi glotzte und Peng!, das war wirklich nett von dir, Steffi, war ich wieder drin im Kater, bis zum nächsten Mal.

Eines Tages war ich im Kater Holzig mal wieder so breit, dass ich mir vorkam, wie meine demente Mutter Ingrid im Flugzeug nach Thailand, die während des Fluges die Eingangstür mit der Toilettentür verwechselte. 

Aber ein Glück ist so eine Flugzeugtür über den Wolken keine Klotür und nicht so einfach zu öffnen.

Gut, dass sie das Flugzeug nicht abstürzen ließ. Inkontinente Menschen sind ziemlich interkontinental zwischen den Wolken unterwegs. 

Sie müssen ständig pissen, weil sie die goldenen Säfte nicht halten können. 

Als ich so neben ihr saß und an Berlin dachte, erinnerte ich mich an diese peinlichsten Situationen in meinem Leben.

Bei mir war es als Alkoholiker ähnlich, als ich im Club plötzlich hoch oben auf einem Podest stand, wo mich jeder sah.

Ich war völlig im Dilirium und dachte, ich sei auf dem Klo, als ich von oben zum Entsetzen der Belegschaft und der Anwesenden auf die Theke pinkelte. 

Noch heute höre ich die zwei Frauenstimmen, die mir zuriefen „Jan Security, Security“. 

Ich öffnete die Augen, meinen grossen Schwanz in der Hand und blickte auf die vollgepisste Theke hinab.  

Schlagartig war ich wieder nüchtern und zwar von jetzt auf gleich!!! Die Security vom Kater Holzig, liess mich noch meinen Pullover holen und ich war wieder draussen aus dem Laden. 

Alkoholiker und Inkontinente sind verdammte Pissnelken.

War das peinlich! Der Alkohol drehte mich immer heftiger, brannte mich aus.

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen und dem Klub im Nachhinein ausdrücklich bedanken, dass sie mir immer wieder Einlass gewährten, selbst noch nach diesem Vorfall. 

Ich war verdammt hoch über den Wolken. 

Irgendwie mochtet ihr mich und ich mochte Euch. Es war mehr als eine Hassliebe!

Die schlimmste Droge auf dem Planeten Erde da unten ist Alkohol, dachte ich, als ich aus dem Flugzeugfenster auf Berlin herab schaute. 

Du wachst in Deiner eigenen Pisse auf, dein Körper ist nur noch eine Trommel, 

in der du dein eigenes Herz schlagen hörst, und es bummst, als würde einer die Drumbase spielen. 

Du versäufst Dein Geld, deinen Schwanz, die schönsten Frauen der Welt und alle die an dir interessiert sind, lebst nur noch nach dem Prinzip Hoffnung, denn die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. 

Und wenn sie dann plötzlich gestorben ist, wird es Zeit, aufzustehen von den Toten. Die Energie muss irgendwie raus. Der ganze Dreck mit all den vergifteten Gedanken. Wo immer ich bin, weit in der Welt, zur Sauna ist es nicht weit. 

Therapie Club

Clubs als Therapiezentren zum schwitzenden Abtanz und zur Pflege der Träume dienten der Abschreckung. Ich konnte mich vergleichen mit dem, was ich dort sah. Ich schlief Jahre lang in den Klubs auf dem Sofa oder Sessel. Dort war ich nicht alleine und dennoch war ich plötzlich drogenfrei und frei vom Alkohol. Ich habe alles an einem Tag in Berlin zurückgelassen. Zigaretten, Joints, Alkohol und chemische Substanzen wurden an einem einzigen Tag gecancelt. Denn wer den Abwasch macht, der wäscht alles auf einmal ab, nicht nur die Tassen oder die Teller! 

Der wichtigste Raum auf der Welt war für mich jedoch die Sauna. 

Kalt-heiss, dazwischen bin ich und mein Kreislauf. Sauna war mein Yin Jan, kalt-heiss die Welle. Dort knallte ich mich clean.


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